Buyer Personas werden als Methode für ein besseres Verständnis von Zielgruppen eingesetzt. Und dennoch werden sie manchmal überschätzt und sind nicht zielführend - so wie in meinem Fall für die Feasibility Study im Content Strategie Studium. In ein paar Minuten werdet ihr wissen, warum sich Buyer Personas für generische Produkte und Services nicht eignen und ohne Insights in das Kundenverhalten keinen Schilling wert sind.
Ausgangslage
Die Feasibility Study klärt mit Wettbewerbsanalysen oder Zielgruppenanalysen, ob die Masterarbeit “machbar” ist. Also es eine valide Grundlage gibt, auf der aufgebaut werden kann und ein Business Problem damit gelöst wird. In meiner Feasibility Study habe ich mich mit der Analyse von Zielgruppen für den Strommarkt auseinandergesetzt und habe mich dazu an Adele Revellas Buch der Buyer Personas angelehnt. Sie beschreibt darin, wie man Buyer Personas gestaltet, die für eine Zielgruppe sprechen und wie man diese validiert. Dieser Beitrag gibt dazu einen kleinen Ausblick, was nach Revella als Best-Practice zählt und wie ich es in meiner Feasibility Study umgesetzt habe. Und es erklärt vielleicht auch, warum die entstandenen Buyer Personas für meine Masterarbeit nicht brauchbar waren und daher viel Analysearbeit und Zeit für einen falschen Fokus verloren gingen.
Analysen
Am Anfang war der Anfang - und niemand wusste, wo der war. Für meine Feasibility Study habe ich mit der Erfassung der Ist-Situation begonnen. Da ich in einem Energiekonzern arbeite und gerade dabei helfe ein Lead Management zu implementieren, war die Frage naheliegend, den Ist-Stand eines Lead Managements zu erheben. Im Grunde geht es um die Essenz “wie kommen aktuell bereits Leads in das Unternehmen und wie werden sie verwaltet”. Dabei wird ein Lead als Interessant identifiziert - also jemand der seine Daten überlassen hat, aber noch keinen Kauf getätigt hat.
Eingangskanäle
Es hat sich für meine Feasibility Study relativ schnell das Bild ergeben, dass es über 14 verschiedene Wege gibt, wie ein Lead in das Unternehmen gelangt und es gibt mindestens ebenso viele Wege, diese Leads zu verwalten und speichern. Und rechnet man noch dazu welche Daten über welchen dieser Kanäle gesammelt werden, ergibt sich daraus eine Summe an Daten durch die unterschiedlichen Channels, die erst einmal harmonisiert werden muss. Es lässt sich somit für meine Masterarbeit schon einmal sagen, dass die Menge an Kanäle nicht unbedingt förderlich für ein Lead Management ist - zumindest solange nicht alle Daten auf dieselbe Art und Weise gespeichert werden.
Kundendaten
In einem nächsten Schritt habe ich mir die bestehenden Kunden angesehen. Das hat den Grund, dass die Annahme im Unternehmen vorherrscht, dass zukünftige Kunden sich von bestehenden Kunden in ihrem Verhalten und ihren Bedürfnissen wenig unterscheiden werden. Kann man so behaupten - überprüft muss es dennoch werden. Und es hat sich gezeigt, dass man sehr viele verschiedene Antworten erhält wenn man fragt
“Wie sieht der klassische Stromkunde aus?”
Die Antwort: es gibt keine einzige Wahrheit und keine eindeutige Antwort! Wer braucht und kauft Strom? Jeder einzelne Österreicher - und somit ist der klassische Stromkunde ein Querschnitt aus allen Gesellschaftsschichten und quer durch alle Sinus-Milieus zu finden.
Analytics-Daten
Wenn man weiß, wie der bestehende Kunde aussieht und woher er kommt, muss ja noch analysiert werden, wie sich dieser Kunde bei der Nutzung der Kanäle denn so verhält. So war zumindest die Überlegung und der Gedanke und eine umfassende Analyse von Google Analyticsdaten, die nicht anonymisiert sind begann. Am Ende kann man aber auch nur sagen, dass die Datenqualität zu hinterfragen ist und dass alle Ergebnisse nur nach bestem Wissen und Gewissen selbst interpretiert werden müssen. Zum Beispiel könnte man ja interpretieren, dass die Website hauptsächlich von Personen mit gutem Einkommen besucht wird weil das würde erklären, warum so viele User mit den Iphones der neuesten Generation auf der Firmenwebsite zu finden sind. Aber diese Interpretation ist nicht valide - es ist nur eine Annahme, die ebenso überprüft werden muss. Was man sehr gut aus Analytics-Daten oder Google Adwords herauslesen kann ist das Suchverhalten und somit kann man alle Onlineuser schon einmal in jene einteilen, die wegen einem günstigeren Preis auf der Suche nach einer Lösung sind und jene die wegen 100% Ökostrom auf der Suche nach einer Lösung sind.
Personas erstellen
Und wie gestaltet man nun die Personas für Stromkunden, wenn jeder einzelne Bürger Österreichs Strom braucht und kaufen muss/kann? Ich halte mich also an Revella und versuche doch irgendwie den Stromkunden greifbar zu machen. Revella beschreibt in ihrem Buch die “5 rings of buying insights” - also die Ursachen und Gründe, warum ein Kunden auf der Suche nach einer Lösung ist.
Der erste Ring dieses Kreislaufes beschreibt den erstinstanzlichen Grund für die Entscheidung nach einer (neuen) Lösung. Diese sind für den Energiekonzern unter anderem bereits die oben genannten Gründe, die man auch aus Erfahrungswerten innerhalb des Konzerns identifizieren kann und sich teilweise auch in den Analytics-Daten wiederfinden.
Der zweite Ring beschreibt den Erfolgsfaktor für eine Persona und beantwortet die Frage, welche persönliche Relevanz der Kauf von einer unserer Lösungen für den Kunden hat und fragt direkt nach dem gebotenen und erhaltenen Benefit.
Der dritte Ring erklärt die Barrieren die ein Kunde haben kann, warum er bisher noch keine Lösung von uns für sich erworben hat. Hierbei geht es klar um die Hintergründe, warum man noch nicht Kunde geworden ist und was auch der Mitbewerb im Vergleich besser macht, dass man sich für diesen entscheidet.
Der vierte Ring beschreibt die Hintergründe eines Kunden und welche Reise er vorgenommen hat, bevor er sich für eine Lösung aktiv entschieden hat. Dieser Ring ist somit ein Kernstück für die „Customer Journey“. Die Reise, die ein Kunde tätigt und Aktionen, die er setzt, bevor er eine Kaufentscheidung trifft. Wesentlich für diesen Schritt ist eine sogenannte Touchpoint-Analyse, um zu erklären und zu verstehen, welche Berührungspunkte mit dem Unternehmen ein potenzieller Kunde hat und nutzt, bevor er eine Entscheidungsgrundlage für den Kauf eines Produktes oder Dienstleistung hat.
Der letzte Ring beinhaltet den Punkt der Kaufentscheidung und beantwortet die Fragen, welches Merkmal eines Angebots oder einer Lösung schlussendlich ausschlaggebend für einen Kunden war, um sich für eine Lösung auszusprechen
Genau diese Insights werden mittels Fragestellungen an die Personas gestellt und in einer Workshopreihe mit den Kollegen bearbeitet solange bis man auch eine Annahme hat, wie der Kaufprozess für die entwickelten Personas mit erhoben und einbezogen ist.
Warum ich "gescheitert" bin
Um die Frage aus dem Abschnitt “Kundendaten” nochmal aufzugreifen “Wie sieht denn der klassische Stromkunde nun aus”.
Wie erwähnt braucht jeder einzelne Mensch in Österreich Strom, so wie er Wasser braucht. Aus diesem Grund stellt ein Stromkunde einen Querschnitt durch alle Gesellschaftsschichten dar. Und hier eine einzige Persona zu gestalten ist an sich schon schwierig. Also benötigt es wohl oder übel mehrere Personas. Aber wo hört man auf wenn man aus jeder Gesellschaftsschicht, die ja nach Sinus-Milieus eingeteilt sind eine Persona brauchen würde?
Zudem haben die Analysen ergeben, dass man die Menschen in zwei grobe Gruppen einteilen kann - in jene, die sehr preissensitiv sind und jene, die umweltbewusst sind.
Ich wollte mit meiner Feasibility Study jene Personas identifizieren, für die ein Lead Management im Vertrieb von Strom und Erdgas möglich ist. Da jedoch meine Zielgruppe der Strom Käufer zu generisch ist, müsste ich sehr viele Interviews mit vielen Personen führen, um diese zu validieren, was für eine solch generische Zielgruppe quasi unmöglich ist. Aus diesem Grund kann ich sagen, dass für meine generische Zielgruppe die Methodik der Personas nicht schlecht, aber ergebnislos war. Und mein Fazit ist daher: je spezifischer eine Persona für ein Produkt oder eine Dienstleistung ist und auch validiert werden kann, desto besser ist die Methode im Gesamten! Personas sind also kein heiliger Gral im Content Marketing und auch nicht für jeden Zielmarkt die Wundermethode.
Vielleicht machen andere bessere Erfahrungen oder können mir Tipps geben, wie man Personas geschickter für generische Zielmärkte einsetzen kann. Ich freue mich mehr darüber zu lernen!
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